
In eine westliche Höhenströmung waren am Montag, 26. Mai 2025, einige schöne Konvergenzlinien über der Böhmischen Masse eingelagert, die sich am Nachmittag zu einer Schauer- bzw. Gewitterstraße bis ins östliche Flachland mauserten. Ich war mit dem Rad am Weg in die Arbeit und nutzte die starken Schauerböen, um mich mit Rückenwind praktisch ohne zu schwitzen antreiben zu lassen. Dabei konnte ich einige schöne Aufnahmen machen, später auch in der Arbeit mit Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. Zu schön und zugleich lehrreich, um sie nicht zu zeigen.
Erste Schauerzelle am Hinweg, um 17.30 bis 18.00

Das Satellitenbild zeigt mehrere kleinräumige Schauer- und Gewitterzellen, erkennbar am türkisfarbenen CB-Ambossschirm ( = dichte Eisbewölkung, kleine Partikel), etwa über Wien, im Weinviertel, über Mähren und auch nordöstlich von Bratislava. Kleinräumig intensiver Niederschlag fällt jeweils am Südrand bzw. Südwestrand der CBs, je heller der Ambossschirm, desto abgewehter vom Niederschlagskern.
Man sieht aber noch mehr, denn die Bodenwindkonvergenzen zeigen sich durch die linienhafte Struktur mit niedrigen (okkerbraun) bis mittelhohen (rosafarben) Quellwolken, hier mit einem C gekennzeichnet. An diesen Linien entstanden weitere Schauer- und Gewitterzellen.

Das wirkte zwar sehr fotogen, deutete aber gleichzeitig auf den Tod der Schauerzelle hin. Denn schauerrückseitig wehte lebhafter Westnordwestwind über den Wienerwald (Downslope-Effekte) und dadurch wurde trockene Luft in die Aufwinde einbezogen (Entrainment). Der Niederschlagsbereich wurde entsprechend immer schmaler und der Ambossschirm (rechts) entkoppelte sich zunehmend. Erkennbar ist die trockene Luft auch an dem tiefen Blau und der guten Sicht rings um die Schauerzelle.

Knappe zehn Minuten später war vom Niederschlag nicht mehr viel übrig. Die Fallstreifen sah man noch. Der Ambossschirm wurde weit stromabwärts nach Osten ausgeweht. Ich bekam nur ein paar schüchterne große Regentropfen ab.

Richtung Kleine Karpaten sah man die abziehende, mächtige Gewitterzelle, mit Neubildungen links.


Die Konvergenz blieb im Weinviertel aufrecht mit einer höchst kontrastreichen Multizellenlinien, mit mehreren mächtigen Aufwindbereichen (Cumulus congestus) und dem Gewitteramboss im Hintergrund. Im Vordergrund die Felder jenseits vom Milleniumswald. Hinter dem Wald fließt die umgeleitete Schwechat entlang eines alten Donauarms, dem Ziegelwasser. Früher mündete sie weiter nördlich im Bereich des Albernen Hafens in die Donau.

Eine Stunde später hatte sich der Schauer vollständig aufgelöst. Nördlich von Tulln bildete sich aber schon die nächste Zelle, mit einem frischen Aufwind (blau), die kurz darauf auch zu blitzen begann, und stromaufwärts im Retzer Hügelland befand sich ein weiteres Konvergenzgebiet, das noch interessant werden sollte. Die Konvergenzen bildeten nun eine lange Perlenkette von Ungarn über das östliche Flachland bis Böhmen. Hier waren prinzipiell überall noch neue Zellentwicklungen möglich.
Das erste Gewitter bei Wien
Leider ist das Cloud Phase Satellitenbild nur tagsüber verfügbar, man sieht hier bereits den Erdschatten, mit dem die Kontraste verblassen.

Um sieben hatte sich die Zelle im Tullnerfeld verstärkt und verlagerte sich südostwärts. Dahinter im Bereich von Retz ist eine weitere Zellbildung förmlich explodiert und hat sich deutlich verstärkt.

Der Grund für diese deutliche Verstärkung ist die Intensivierung der Bodenwindkonvergenz. Lebhafte Nordwinde über Mähren treffen auf mäßigen Westwind über dem Waldviertel und teilweise umgelenkten Südwestwind im Tullnerfeld. Die vorlaufende Zelle am Wienerwald zog ebenfalls entlang eines konvergenten Windfelds.

Die erste Zelle brachte einen kleinräumigen, aber intensiven Schauer über Wien, löste sich beim Näherrücken aber sukzessive auf. Das brachte mit der rückseitig durchbrechenden Abendsonne tolle Lichtstimmungen hervor:


Assoziationen mit dem Film Blade Runner kamen mir in den Sinn.
Zum Abschluss ein doppelter Regenbogen über dem Flugvorfeld:

Das erste Gewitter schwächte sich ab, bevor es den Platz überquerte, die Blitze blieben nördlich der Donau. Im Platzbereich gab es gegen 20 Uhr kurzzeitig Niederschlagsraten von 26 bis 38mm pro Stunde.
Das zweite Gewitter
Die zweite, mächtigere Gewitterzelle war lustigerweise von ICOND2, das tagsüber offenbar nicht zufriedenstellend performte, punktgenau vorhergesagt, nämlich den Platz zwischen 21 und 21.30 Uhr MESZ überquerend. Das zweite Gewitter war länger und der Regen noch intensiver, mit Raten bis 44mm/h. Die Windspitzen waren bei beiden Ereignissen vernachlässigbar, im Bereich 40-50 km/h.
Die Gewitterzelle präsentierte sich mit einer zunehmend ausgeprägteren Böenwalze links, einem breiten Regenfuß in Bildmitte und tiefbasigem Aufwindbereich rechts:

Kurz darauf wurde der Böenkragen (Cumulonimbus arcus) über dem Südwesten der Stadt sichtbar – dort gab es Böen bis 30kt (ca. 54km/h).

Das Gewitter rückte näher – es produzierte zahlreiche Einschläge in der Wiener Umgebung, aber nicht direkt am Flughafen.

Im Übergangsbereich zwischen Outflow Boundary und Niederschlag bildete sich eine verdächtige Absenkung, die dann aber immer länglicher und breiter wurde – also keine „Wall Cloud“ einer Superzelle, sondern eher Ausdruck benachbarter Neubildungen, mit denen die Zelle dann nicht mehr isoliert stand.

Das Nordwindregime mit der Böenwalze breitete sich weit nach Süden aus und sorgte selbst im Nordburgenland und im südlichen Steinfeld noch für einen Windsprung, selbst in der Buckligen Welt drehte der Wind gegen 22 Uhr auf Nord. Die Konvergenz baute sich in der Folge deutlich ab und die Gewittertätigkeit starb endgültig ab.
Szenenwechsel: Altocumulus castellanus und Morgenschauer
In der Früh war die Konvergenzzone immer noch aktiv und sorgte für schwache Regenschauer vom Weinviertel bis zur Westslowakei.

Sonnenaufgang mit zwei interessanten Schichten, die scheinbar übereinander liegen, aber die Altocumulus-Bank im Vordergrund mit den lehrbuchhaften zinnenförmigen Auswüchsen (castellanus) ist wahrscheinlich etwas näher zum Standort als die mächtige Quellwolkenbank dahinter. Hab ich in dieser Konstellation auch noch nicht gesehen. Möglich ist auch eine optische Täuschung und die Wolkenuntergrenzen sind ähnlich hoch.

Etwa zeitgleich gab es stromabwärts südöstlich von Bratislava auch den erwähnten Regenschauer, durchaus mit Vereisungsansätzen (Cumulonimbus calvus), während Richtung Karpaten noch ein Cumulus congestus unterwegs ist. Nebelschwaden gab es zu diesem Zeitpunkt über dem Wiener Becken, entlang der Donauauen.

Fünf Minuten später gab es ein prächtiges Morgenrot mit Altocumulus castellanus darüber.

Auch eine knappe Stunde später bildet die mittelhohe Bewölkung einen prächtigen Vordergrund für die noch tiefstehende Sonne. Im Flachland wird eine flache Dunstschicht erkennbar, wo sich die Nebelschwaden bereits gelichtet haben.

